Das SPEEDY-System#

Teil 1#

von Peter Bee

In dieser Serie möchten wir Ihnen alles Wissenswerte über Floppy-Speeder im allgemeinen, und über die SPEEDY 1050 und die Mini-SPEEDY im besonderen vermitteln. Wir werden uns dabei aber nicht auf Werbung oder Werbeaussagen beschränken. Wir denken vielmehr an eine Reihe von Artikeln die von den verschiedenen Autoren geschrieben werden sollen.

Hier mal eine kleine Übersicht über das, was Sie alles in dieser Serie erwartet:

  • Eine allgemeine Einführung in die Problematik der Floppy-Speeder
  • Die Entwicklungsgeschichte der SPEEDY
  • Der Hardware-Ausbau der SPEEDY
  • Das Betriebssystem der SPEEDY
  • Die Sprungtabelle der SPEEDY
  • Möglichkeiten der Programmierung
  • Programm-Beispiele
  • u.s.w.

Wir werden uns allerdings nicht unbedingt an diese Reihenfolge halten! Und mal sehen, wenn Ihr Interesse groß genug ist, können wir vielleicht noch ausführlicher auf die einzelnen Themen eingehen und die Serie fortsetzen.

DIE SPEEDY 1050#

Die Entwicklungsgeschichte der SPEEDY reicht bis in das Jahr 1985 zurück. Damals gab es für die Atari 1050 nur das Happy-Board als Floppy-Speeder. Aber fangen wir am Anfang an. Was ist überhaupt ein Floppy-Speeder, und was macht er?

Als Atari die ersten Computer in Deutschland verkaufte, wurde zu diesen Computern das Laufwerk mit der Bezeichnung 810 angeboten. Dieses Laufwerk war sehr robust in der Mechanik, äußerst präzise in der Anwendung. Gab es in der ersten Zeit einige Schwierigkeiten durch Datenverlust, wurde dieser Fehler durch Einbau eines Datenseparators sehr schnell beseitigt. Seit dieser Zeit gilt das Wort Datenverlust bei Atari 810 Besitzern als Fremdwort.

So gut dieses Laufwerk auch war, hatte es doch einen entscheidenden Fehler: Man konnte nur 88 kByte auf einer Diskette speichern. Dieses Single-Density Format wurde von Atari bei den 810er Laufwerken eingeführt.

Es gab auch, laut Atari Katalog, ein Laufwerk mit der Bezeichnung 815. Dieses Laufwerk wurde jedoch nie in Serie produziert. Es bestand aus zwei 810er Laufwerken die übereinander angeordnet waren. Außerdem verfügten diese Laufwerke über eine verbesserte Elektronik, die Double Density, also 176 kByte pro Diskettenseite, zuließ. Aber leider sind diese Laufwerke nie ausgeliefert worden.

Eine Verbesserung der Speicherkapazität versprach sich die Atari Welt von der Einführung des neuen Atari 1050 Laufwerks. Aber obwohl die Double Density (176 kByte) von Atari selber bei den 810er Laufwerken eingeführt wurde, "vergaß" Atari diese Speicherdichte bei den 1050er Laufwerken wieder und schraubte die Speicherkapazität auf 127 kByte herunter. Dieses etwas seltsame, Atari eigene Format bezeichnet man als Dual- oder Medium-Density.

Man kann also sagen, Atari hat hier den Anschluß an die Marktentwicklung verschlafen! Denn zu diesem Zeitpunkt gab es in den USA mehrere Fremdhersteller von Disketten-Laufwerken, die die Double-Density bereits seit Jahren nutzten. Als Beispiele seien hier nur die Laufwerke von RANA und TRAK, und die hervorragenden INDUS Laufwerke erwähnt, die teilweise sogar von Hause aus mit einem Floppy-Speeder ausgerüstet waren. Auch in Deutschland gab es zu diesem Zeitpunkt eine Firma, die doppelseitige BASF Laufwerke für den Anschluß an den Atari 800 lieferte. Mit diesen Laufwerken hatte man damals bereits das, was Atari heute mit der XF-551 liefert.

Aber die Laufwerke der Serien 810 und 1050 haben noch eine zweite große Schwäche: Die Geschwindigkeit. Zwar sind die Atari Laufwerke nicht gerade die langsamsten, aber man würde sich doch eine etwas höhere Arbeitsgeschwindigkeit wünschen. Auch hier waren die Laufwerke der Fremdhersteller wesentlich leistungsfähiger. Die 810 und die 1050 verfügen nur über 256 Byte RAM, also gerade genug um einen Sektor zwischenzuspeichern und um den Prozessor Platz zum arbeiten zu geben. Manche Fremdlaufwerke verfügten aber schon über 2 kByte und mehr! Dadurch ließ sich auch die Arbeitsgeschwindigkeit deutlich steigern.

Aus diesen Gründen, zu kleiner Speicherplatz, zu langsame Datenübertragung, sind seit dem Erscheinen der ersten Atari Laufwerke der Serie 810 verschiedene Bemühungen unternommen worden, den Laufwerken sowohl mehr Speicherplatz, als auch eine höhere Geschwindigkeit zu geben.

Für die 810 gab es zum Beispiel Umrüstsätze, damit dieses Laufwerk mit zwei Schreib-/Leseköpfen arbeiten konnte. Man konnte durch diesen Umrüstsatz nun auch die Unterseiten der Disketten beschreiben. Abgesprochen wurde diese Unterseite dann als Laufwerk 2.

Ein weiterer Grund für den Einbau eines Hardwarezusatzes ist, daß das normale Laufwerk von einem Programmierer nicht für seine eigenen Zwecke programmiert werden kann. Auch wollten viele Anwender von ihren kopiergeschützten Disketten gerne Sicherheitskopien anfertigen. Auch das geht mit einem normalen Atari Laufwerk nicht.

Wen wundert es also, daß bereits ziemlich früh einige findige Leute nach Auswegen aus diesem Dilemma suchten.

Eine der ersten Firmen, die eine gute Lösung für diese Probleme anbot, war die amerikanischen Firma Happy-Computer Inc. aus Kalifornien.

Mit Hilfe ihrer Happy 810 wurde die Arbeitsgeschwindigkeit der 810 verdreifacht. Mit diesem Board wurde auch erstmals ein Trackbuffer eingeführt. Dieser hatte die Größe von 4 kByte, konnte aber vom Anwender nicht bzw. nur sehr umständlich programmiert werden, da alle Unterlagen, insbesondere Programmbeispiele, hierfür fehlten. Es gab auch des öfteren Probleme mit dem Trackbuffer, der ab und zu Daten einfach "verschluckte". Doch die Steigerung der Arbeitsgeschwindigkeit war enorm und man konnte nun von kopiergeschützter Software Kopien anfertigen.

Es gab dann noch einige andere Floppy-Speeder, aber keiner erreichte den Bekanntheitsgrad der Happy. Als da waren zum Beispiel:

Aus Amerika: Archiver 810
Aus Deutschland: Clone a Disc

Die Happy 810 war ein großer Erfolg für Happy Computer Inc. Wen wunderts also, daß, etwa ein Jahr nach dem Erscheinen der ersten Atari 1050 Laufwerke, Happy Computer Inc. die ersten Happy 1050 auslieferte. Nun wurde durch die Happy 1050 nicht nur die Arbeitsgeschwindigkeit verdreifacht, sondern auch der Speicherplatz von 127 kByte auf 180 kByte erhöht. Das Problem mit dem Trackbuffer blieb den Happy 1050 Besitzern aber erhalten. Besonders bei manchen DOS-Arten.

Auch hier gab es innerhalb kurzer Zeit mehrere Produkte, die aber wiederum nicht an den Bekanntheitsgrad oder die Leistungsfähigkeit der Happy heranreichte. Beispiele:

  • US - Doubler von ICD
  • Archiver 1050 von ICD (reine Software, funktioniert nur in Zusammenarbeit mit der Happy 1050!)
  • The Duplicator von Duplicator Technologie Inc.

Zu diesem Zeitpunkt (1985) haben auch wir uns das erste Mal mit diesem Thema beschäftigt. Natürlich kannten wir die Happy 810 und die Happy 1050, hatten wir sie doch in unseren Laufwerken. Wir kannten aber auch die Probleme und waren mit den amerikanischen Produkten sehr unzufrieden. Zu hoher Datenverlust durch den Trackbuffer, zu langsame Arbeitsgeschwindigkeit, diverse Fehler im Betriebssystem, es gab keine Dokumentation für und über die Happy und somit sahen wir auch keine Möglichkeit, größere Programme für diesen Speeder zu schreiben. Kleinere Programme hatten wir ja schon eine ganze Reihe geschrieben.

Also versuchten wir mit dem Hersteller der Happy, Mr. Adams, in Verbindung zu treten und die entsprechenden Unterlagen, bzw. die entsprechende Unterstützung von ihm zu bekommen. Aber leider scheiterten wir an der Angst des Herrn Adams vor Nachbauten. Und so unberechtigt war diese Angst ja auch nicht, sieht man sich den deutschen Markt einmal genauer an. Es gibt in Deutschland ja mehr Kopien von der Happy als Originale. Das Verhältnis dürfte so bei 1:1000 liegen. So entstand bei uns der Plan, einen eigenen Floppy-Speeder zu entwickeln, der die Unzulänglichkeiten der Happy nicht haben sollte.

Die Forderungen für die Entwicklung waren von Anfang an klar:

  • Die Arbeitsgeschwindigkeit sollte größer als bei anderen sein
  • Die Datensicherheit sollte sehr groß sein
  • Erweiterbar sollte der Speeder sein
  • Das Betriebssystem sollte dokumentiert werden
  • Volle Programmierbarkeit sollte gewährleistet sein
  • Dem Benutzer sollte genügend RAM für eigene Programme zur Verfügung stehen
  • Bei zukünftigen Software-Versionen sollten auch alte Programme noch laufen
  • Wir wollten ein für den Anwender offenes System schaffen. Ein System mit dem jeder, der damit arbeiten wollte, dieses auch können sollte, ohne ständig Angst vor Datenverlusten haben zu müssen.

So begannen wir also mit der Entwicklung. Am Anfang benutzen wir ein umgebautes Happy-Board um unser Betriebssystem zu testen. Schnell merkten wir aber, daß wir damit nicht mehr auskamen. Unsere Software war für höhere Arbeitsgeschwindigkeiten ausgelegt als die der Happy. So hatten wir ja bereits von Anfang an einen 65SC02 als CPU für die SPEEDY vorgesehen (warum und wieso erfahren Sie in einem der nächsten Artikel).

Die Happy verfügte aber nur über einen 6502. Das zweite Problem war der Trackbuffer. Unsere Software wurde für 8 kByte ausgelegt, die Happy hatte nur 6 kByte. Schließlich, nach 4 Monaten, stand der erste Probeaufbau unserer eigenen Hardware und wurde in eine 1050 eingebaut. Zwei weitere Monate Fehlersuche (Debuggen) in der Software und auf dem Board, A- und B-Testläufe in den verschiedensten Laufwerken, unter den verschiedensten Bedingungen, und wir hatten es geschafft! Das hört sich jetzt leicht und einfach an, aber wir wollten so manches mal das Handtuch werfen! Denn es gab beträchtliche Probleme mit der Arbeitsgeschwindigkeit.

Am Anfang war sie von uns höher ausgelegt worden als sie jetzt ist, aber es gab zu viele Laufwerke die mit dieser hohen Datenübertragung nicht klar kamen. So mußten wir an einigen Punkten zurückstecken. Nur bei einem nicht: die Datensicherheit!

Nach einer alles in allem 8 monatigen Entwicklungszeit, wurden die ersten SPEEDY 1050N von uns ausgeliefert. Das war am 1. Juli 1986 Gleichzeitig erhielten die bekanntesten Fachzeitungen je eine Version zum testen.

Seit diesem Zeitpunkt ist das SPEEDY-System ständig erweitert und verbessert worden. Die Systemsoftware der SPEEDY erlebte bereits 5 Updates. Dank der modularen Bauweise können Update-Versionen innerhalb von wenigen Sekunden ausgetauscht werden und stellen somit kein Problem dar.

Die Spitze dieser Entwicklungen liegt nun mit der Mini-SPEEDY vor. Hier wurde die Datensicherheit gegenüber der SPEEDY noch einmal erhöht. Auch der neue Cache-Speicher, in dem die 4 Bootsektoren und die Directory ständig im Speedy-RAM gehalten werden, hat nochmal eine Geschwindigkeitssteigerung und eine Erhöhung der Datensicherheit gebracht. Aber auch das Betriebssystem der Mini-SPEEDY läßt sich ohne Probleme in die SPEEDY 1050 übernehmen, so daß auch die Besitzer der SPEEDY diese Vorzüge nutzen können.

Heute benutzen Programmierer, Fachzeitungen, Computerclubs und Softwarehersteller SPEEDY Laufwerke zum Erstellen ihrer Disketten oder zum Schützen ihrer Software. Sehr viele geben sich dabei mit einer SPEEDY nicht zufrieden, 5 oder gar 6 Laufwerke mit SPEEDY sind die Regel. Manche besitzen auch schon Spezialversionen der SPEEDY, die nicht jedermann zugänglich sind und den Preis einer SPEEDY leicht auf 900,00 DM steigern.

Die SPEEDY ist dabei so leistungsfähig, daß mit ihrer Hilfe ein Kopierschutz erstellt werden kann, den selbst industrielle Kopierwerke nicht erzeugen können!

Ein Ende der Entwicklungen für das SPEEDY-System ist derzeit noch nicht abzusehen. Viele Programmierer nutzen heute auch die Möglichkeit, die wir ihnen mit der Programmierung der SPEEDY gegeben haben und schreiben eigene Programme. Zum Beispiel arbeitet einer dieser Programmierer an einer Parallelversion der SPEEDY, die in der Lage sein soll, 180 kByte Daten in 13 Sekunden in den Computer zu lesen. Natürlich werden solche Programmierer von uns mit Rat und Tat unterstützt.

Das war der erste Teil unserer Serie über die SPEEDY. Ich hoffe, der kleine Ausflug in die Vergangenheit und die Geschichte der SPEEDY haben Sie nicht gelangweilt. Im nächsten Monat geht es dann weiter. Bis dahin viel Spaß!